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Neuigkeiten aus der königlichen Kaffee-Küche

07. November 2025 Von Eva Wollschläger

Eine Mundtasse Friedrich Wilhelms IV. als Designherausforderung der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin

König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (1795-1861) ist als künstlerisch talentierter und kunstinteressierter Monarch in die Geschichte eingegangen. Hätte er seinen Berufswunsch selbst bestimmen können, wäre er Architekt und nicht König geworden. Dieser Ausspruch Friedrich Wilhelms IV. macht deutlich, wie sehr ihn die Baukunst faszinierte, ihn das Planen sowie Gestalten von Gebäuden, Plätzen und Gartenanlagen begeisterte. Eine Neigung, die sich in zahlreichen eigenhändigen Skizzen, Zeichnungen und Architekturplänen niederschlug, und die heute noch im Park Sanssouci an seinen Bauschöpfungen wie der Anlage von Charlottenhof, den Römischen Bädern, dem Orangerieschloss, dem Marlygarten und der Friedenskirche deutlich wird. Als preußischer Kronprinz war der berufliche Werdegang Friedrich Wilhelms IV. seit seiner Geburt vorbestimmt. Die Begeisterung für die Künste hatte sich den Regierungsgeschäften unterzuordnen. 
Für die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) verband sich mit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV. im Jahr 1840 die Erwartung, mit diesem kunstbegeisterten Monarchen vermehrt lukrative Aufträge zu erhalten und als königlicher Vorzeigebetrieb wohlwollend gefördert zu werden. 

Die Berliner Manufaktur galt Mitte des 19. Jahrhunderts als eine der renommiertesten Porzellanmanufakturen Europas, gerühmt für ihre technischen und künstlerischen Fertigkeiten. Doch die KPM hatte mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen: Private Porzellanmanufakturen überschwemmten den bürgerlichen Markt mit preiswerten, aber qualitativ oft minderwertigeren Porzellanen und sorgten für eine schwierige Absatzlage. Als königliche Kunstanstalt mit hohen und kostenintensiven Qualitätsstandards war die KPM dieser privaten (Billig-)Konkurrenz nur bedingt gewachsen. Deshalb war sie neben dem hart umkämpften bürgerlichen Kundenmarkt umso mehr auf eine stabile Auftragslage angewiesen, die sich durch die stete Nachfrage des Königshauses sowie durch die Bedürfnisse einer aufwändigen Hofhaltung entfalten sollte. Die Manufakturleitung erhoffte sich von Friedrich Wilhelm IV. durch die Bestellung umfangreicher Tafelservice und kostspieliger Luxusartikel wie Tischplatten, Kronleuchtern oder monumentaler Vasen einen steigenden Umsatz und eine gesicherte Geschäftslage. Genau in diesem Porzellanbereich hatte die KPM eine Monopolstellung inne, die sie seit fast hundert Jahren künstlerisch wie auch technisch erfolgreich behauptete.

Aber würde Friedrich Wilhelm IV. sich für Porzellan genauso begeistern können wie für Architekturprojekte?

Die KPM gab sich zuversichtlich, hatte sie doch bereits einen wichtigen Kontakt zum preußischen Kronprinzen: dessen Ehefrau. Kronprinzessin Elisabeth Ludovika hatte schon Jahre vor der Thronbesteigung ihres Mannes acht Speiseteller bei der Manufaktur beauftragt, vermutlich als Weihnachtsgeschenk für ihren Ehemann. 

Die Dekoration dieser Teller war detailliert vorgegeben und wird in der schriftlichen Bestellung beschrieben: Alle Teller schmückt ein die ganze Fläche überziehender blauer Fond, der den Schmuckstein Lapislazuli imitiert und mit goldenen Buchstaben sowie einem Fisch in der Tellermitte verziert ist. Die vier am Tellerrand im Uhrzeigersinn platzierten goldenen Buchstaben ergeben das Wort „SIAM“. Sie umschließen einen als „Butt“ (Flunder) dargestellten Fisch.

Diese eigentümliche Dekoration deutet auf ein sehr persönliches Geschenk hin. Das Porzellan-Bilderrätsel gibt in der Tat Einblick in die Gedankenwelt des Kronprinzen, der in der königlichen Familie den Necknamen „Butt“ hatte und sich selbst scherzhaft als beleibtes Fischwesen darstellte. Das Wort „SIAM“ bezeichnete in diesem Fall ein ideales Fantasie-Reich, das sich der Kronprinz als Ort des friedvollen, unbeschwerten Zusammenlebens erträumte. 

Die acht Teller überzeugten offensichtlich als Geschenk, wurden sie doch wenige Jahre später durch KPM-Tassen, Kannen und andere Geschirrteile zu einem Kaffeeservice ergänzt, das im kleinen Sommersitz Charlottenhof, dem „SIAM“ und Rückzugsort Friedrich Wilhelms IV. im Park Sanssouci, für gesellige Tischrunden genutzt wurde.

Wesentlich komplizierter sollte für die KPM der Auftrag für eine andere persönliche Porzellanschöpfung Friedrich Wilhelms IV. verlaufen. Im Jahr 1847 findet sich in den Akten der königlichen „Kaffee-Küche“ die umfassende Korrespondenz zu einer königlichen Bestellung: die Fertigung von drei Paar Tassen, die als „Mundtassen“ zum persönlichen Gebrauch für den König und die Königin bestimmt waren. Die Besonderheit dieser Tassen bestand darin, dass nur das königliche Paar aus ihnen trinken durfte. Sie sollten daher einen besonderen Dekor erhalten: ein persönliches Monogramm in Form einer Chiffre.

Tassen mit persönlichem Monogramm sind bis heute beliebte Verkaufsartikel der Berliner Manufaktur, die zurzeit mit ihren To-go-Bechern große Marketingerfolge feiert. Friedrich Wilhelm wünschte sich aber kein schlicht gestaltetes Monogramm seines Namens in Form eines leicht lesbaren „FW“, sondern eine kunstvolle Verschränkung der Anfangsbuchstaben seines Namens (FW IIII) sowie der Vornamen seiner Frau (EL) zu einem ornamental verwobenen Zeichen: zu einer „Chiffre“. Dieser Anspruch sollte die KPM im Folgenden vor einige Herausforderungen stellen; die Entwicklung dieser königlichen, nur aus wenigen Zeichen bestehenden Namenschiffre entwickelte sich zu einem komplexen Geschäftsvorgang innerhalb der preußischen Hofverwaltung. 

Am 9. Februar 1847 teilt der KPM-Direktor Georg Friedrich Christoph Frick dem königlichen Hofmarschall Graf von Keller in einem Brief mit, dass die beauftragten Mundtassen fertiggestellt sind:

„Euer Hochwohlgeboren beehre ich mich die für Seine Majestät den König bestellten drei Paar Tassen mit den Namenschiffren der Allerhöchsten Personen beikommend zu übersenden und wünsche sehnlich, daß sie zur Zufriedenheit Sr. Majestät des Königs ausgefallen sind.“ 

Diese Hoffnung erfüllt sich nicht. Auf dem Schreiben Fricks notiert Graf von Keller offensichtlich nach Rücksprache mit dem König:

„Die Tassen sind nicht nach Wunsch ausgefallen.“

Der Hofrat Ernst Emil Illaire schlägt vor, eine weitere Probetasse bei der KPM zu bestellen. Noch am gleichen Tag wendet sich Graf von Keller schriftlich an den KPM-Direktor Frick und macht ihn darauf aufmerksam, dass die „übersandten Tassen den allerhöchsten Beifall Sr. Majestät des Königs nicht erhalten haben“ und er von diesen „keinen Gebrauch machen kann“. Es sei „die nochmalige Vorlegung der Zeichnungen des Namenszuges Ihrer Majestät erforderlich“.

Begleitet von einem Schreiben schickt Frick am 15. Februar dem Hofmarschall Graf von Keller die als „erstes Vorbild zugekommenden Handzeichnungen der Namenschiffe Seiner Majestät des Königs und Ihrer Majestät der Königin sowie eine farbige Zeichnung mit sieben verschiedenen solcher Namenschiffere, die Seiner Majestät dem Könige vorgelegen habe“.

Die in dem Schreiben erwähnte farbige Zeichnung mit sieben Entwürfen zur Gestaltung der königlichen Namenschiffre hat sich in dem Aktenvorgang bis heute erhalten. Offensichtlich bildeten sie die Vorlage für die Auswahl der königlichen Namenschiffre, die auf den danach ausgeführten „Mundtassen“ von der KPM umgesetzt worden ist.

Die Entwurfszeichnungen stammen von Hermann Looschen, einem versierten Manufakturmaler, der aufgrund seiner Leistungen wenige Jahre später zum Leiter der Malereiabteilung befördert werden sollte. Die in dem Schreiben ebenfalls erwähnten Handzeichnungen des Königs scheinen dabei als motivische Vorbilder Looschen die Inspirationen für die sieben Chiffre-Entwürfe geliefert zu haben. 

Doch diese professionellen Entwürfe entsprechen nicht den persönlichen Vorstellungen des Königs, weshalb sich Graf von Keller am 18. Februar erneut mit einem Schreiben an den KPM-Direktor Frick wandte und ihm mitteilte:

Zu unserer Verständigung habe ich den anliegenden Namenszug I.I.M.M. des Königs und der Königin nach der Art zeichnen lassen, wie S: Majestät Allerhöchst sich gegen mich darüber zu äußern geruhet haben. Die Feinheit und […] Stärke der Linien, sowie die deutliche Unterzeichnung der einzelnen Buchstaben dürfte hierbei vorzüglich zu beobachten sein.“ 

Fast versöhnlich lässt der Graf den KPM-Direktor wissen, dass „im Übrigen […] S[eine]: Majestät gegen die Form der Tasse nichts eingewendet [habe]“. Der König wünsche sich nur, die ganze Tasse mit mattem Goldgrund versehen zu lassen. Eine weitere Probetasse wird bestellt, dieses Mal soll auch die Untertasse den Namenszug des königlichen Paares tragen. 

Am 3. März ist diese zweite Probetasse fertiggestellt. Begleitet von einem Brief des KPM-Direktors Frick wird die Tasse an Graf von Keller geschickt. Frick schreibt: „Es wird mich erfreuen zu erfahren, wenn diese Tasse den Beifall Seiner Majestät des Königs erhält.“ 

Der erhoffte Beifall bleibt jedoch aus. 

Wie eine Randnotiz des Hofrates Illaire auf dem Schreiben Fricks deutlich macht, verlangt der König eine erneute Änderung der Namenschiffre. Illaire schreibt: 

Die Chiffre auf dieser Probetasse hat den Allerh:[öchsten] Beifall noch nicht gehabt, die Chiffre ist deshalb nochmals durch mich gezeichnet und nach erfolgter Allerhöchster Zustimmung auf eine Porzellan Platte gemalt und gut befunden. Demnach ist nun eine neue Probetasse bestellt worden.“ 

Die erwähnte Porzellanprobeplatte mit der angepassten Namenschiffre wird am 18. März zusammen mit einem kurzen Anschreiben von Frick zur Begutachtung an das Hofmarschallamt geschickt. Höchstzufrieden notiert Hofrat Illaire am Rand des Schreibens von Frick: 

Die übersandte Namens-Chiffre ist nun vollkommen richtig und Aller:[öchsten] Intention entsprechend befunden worden.“ 

Illiare ordnet sogleich die Anfertigung einer neuen Tasse an, die sowohl auf der Tassenwandung als auch auf der Untertasse die freigegebene Namenschiffre in Blau auf mattem Goldgrund zeigen soll.

Der vom Hofrat Illaire eigenhändig korrigierte Entwurf der königlichen Chiffre ist dem Aktenvorgang als finale Version beigefügt. Wohl mit einem gewissen Stolz hat Illaire die Reinzeichnung unterschrieben sowie auf den 20. März 1847 datiert und mit dem Zusatz versehen: „Genehmigte Chiffre nach der Allerhöchsten hier beiliegenden Handzeichnung No 1.“ 

Die königliche Vorlage für die Namenschiffre No. 1 ist ebenfalls in dem Aktenvorgang enthalten. Sie befindet sich als Bleistiftskizze Friedrich Wilhelms IV. auf einem an den Grafen zu Stolberg-Wernigerode adressierten Briefumschlag neben einer Architekturzeichnung des Königs. 

Geschäftstüchtig lässt Frick als KPM-Direktor den zeit- und kostenintensiven Vorgang für diese königliche Tassenbestellung dem Hof in Rechnung stellen. Während die erste Probetasse noch frei Haus geliefert worden war, belaufen sich die Mehrkosten für die Herstellung der zweiten Probetasse auf 15 Taler. Dies entsprach in etwa dem Monatslohn eines Geschirrdrehers der KPM. 

Die auf den 3. März 1847 datierte Manufakturrechnung gibt eine ausführliche Beschreibung der hergestellten Probetasse wieder. Neben der Modellnummer (Tassenmodell No. 217) und der Namenschiffre gebildet aus den Buchstaben E.L.F.W. IIII wird die Dekoration der reich vergoldeten Tasse als „Gold Vermicelli fond“ beschrieben, die Innenwandung der Tasse erhielt ebenfalls eine Goldverzierung sowie eine Goldkante. In einer Notiz vermerkt Hofrat Illaire auf der Rechnung, „die oben genannte Probetasse soll zur Kaffeeküche abgeben werden“, da sie nicht den Wünschen des Auftraggebers entspricht und eine „anderweitige Bestellung erfolgt“. 

Die reichvergoldete hochpreisige Probetasse endet im allgemeinen Porzellanvorrat der königlichen Kaffee-Küche, die – ursprünglich zum Bereich der Hofkonditorei gehörend – für die Bereitstellung von Kaffee- und Teegeschirren für die königliche Tafel zuständig ist. 

Am 31. Mai sowie am 11. Juni erfolgt schließlich die Schlussrechnung der drei königlichen Mundtassen-Paare. Insgesamt wurden von der KPM für die Fertigung der drei Tassenpaare 40 Taler und 15 Silbergroschen in Rechnung gestellt. Die vom Hofrat Illaire geprüfte Rechnung erhielt den Vermerk: „Obige 3 Paar Tassen sind richtig eingeliefert worden und kommen zum Inventario der Königl. Kaffeeküche.“ 

In der Porzellansammlung der SPSG hat sich eine Untertasse dieser königlichen Mundtassen erhalten, die aufgrund des vorliegenden Aktenfundes der königlichen Kaffeeküche als solche identifiziert werden konnte. Die mit einem reichen Goldgrund dekorierte Untertasse zeigt im Zentrum die blaue Namenschiffre ergänzt mit der römischen Zahl IIII. Oberhalb der Chiffre ist eine Königskrone als herrschaftliches Symbol angeordnet. Die zugehörige Tasse fehlt heute. Ihre ursprüngliche Form lässt sich aufgrund der in der Rechnung angegebenen Modellnummer jedoch als Modellzeichnung nachweisen. Im Tassenmodellbuch der KPM ist das Modell No 217 als zierliche Tasse mit leicht ausschwingender Wandung und plastisch verziertem Henkel dargestellt. Vor einigen Jahren wurde eine entsprechende Tasse mit zugehöriger Untertasse sowie identischen Namenschiffren auf einer Auktion versteigert. Es ist anzunehmen, dass es sich bei dieser Tasse um eine der königlichen Mundtassen handelt, die in der Schlussrechnung aufgeführt wurden. 

Der von Frick ersehnte wirtschaftliche Aufschwung der KPM in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms IV. kommt nicht zustande. Zwar fertigt die Manufaktur im Auftrag des Königshauses nach wie vor bedeutende Staatsgeschenke wie aufwendig dekorierte Vasen, doch bringt Friedrich Wilhelm IV. den Erzeugnissen der königlichen Porzellanmanufaktur wie auch dem Werkstoff Porzellan insgesamt wenig Interesse entgegen. Die von der KPM erhofften Aufträge für neue Tafelservice-Schöpfungen sowie umfangreiche Porzellanbestellungen bleiben aus. 

Das keramische Material mit seinen vielfältigen Möglichkeiten der Modellierung und farbigen Gestaltung sowie die technische Raffinesse seiner Herstellung entfachten bei Friedrich Wilhelm IV. offenbar keine künstlerische Begeisterung. 
Als talentierter Zeichner und engagierter Baumeister stand für ihn die architektonische Verschönerung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam im Vordergrund. Die königliche Mundtasse war für den König lediglich ein vornehmer Gebrauchsgegenstand, kein Objekt künstlerischer Inspiration.

Der Blogbeitrag wurde gemeinsam verfasst von Eva Wollschläger und Hans-Christian Klenner.
Eva Wollschläger ist Kustodin des KPM-Archivs des Landes Berlin bei der SPSG. 
Hans-Christian Klenner war bis 2017 Chefrestaurator der SPSG.

Eine Sonderausstellung zur Geschichte des höfischen Desserts und der preußischen Hofkonditorei, an der Eva Wollschläger und Hans-Christian Klenner mitarbeiten, ist für 2027 in Planung.

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