Herr Wunderlich, wie viele Küken hatten Sie schon in der Hand?
Auf der Pfaueninsel? Da muss ich jetzt rechnen. Pro Jahr finde ich etwa 25 geschlüpfte Pfauenküken im Brutschrank. Dazu kommen noch einmal 40 Hühner und Fasane. Es dürften also in absehbarer Zeit 1.000 Küken sein.
Was passiert mit einem Küken, wenn es geschlüpft ist?
Wir legen es in ein kleines Gehege, in dem es alles bekommt, was es in den ersten Lebenstagen braucht: Wasser, Futter, wärmendes Rotlicht und nicht zuletzt Kontakt zu anderen Küken. Die sogenannte „Vergesellschaftung“ ist ganz entscheidend bei der Aufzucht. Die Küken werden gemeinsam aktiv, bringen ihren Kreislauf in Schwung, können sich aber bei Bedarf noch unter das Rotlicht zurückziehen. Im besten Falle ist auch eine Glucke dabei, die nicht nur Wärme spendet, sondern den Küken auch alles zeigt, was sie für das Leben auf der Insel benötigen. Nach ein paar Tagen geht es dann schon weiter in unseren sogenannten „Kindergarten“ in der historischen Voliere, wo sich die Küken dann schon richtig austoben. Hier können dann auch unsere Besucher:innen die Neuankömmlinge bewundern.
Wenn Sie so erzählen, hat man den Eindruck, Sie haben sich Ihre Leidenschaft bewahrt.
Es stimmt, ich fahre nach wie vor jeden Morgen gerne auf die Insel. Besonders große Freude bereitet es mir, in der Brutzeit die Küken auf die Welt zu bringen. Die Arbeit mit den Pfauen, das ist meine große Liebe. Dementsprechend tut es mir aber auch immer weh, wenn ein Tier es nicht schafft oder der Fuchs eines reißt. Mir hilft da nur der Gedanke, dass er das eben tut, weil er selbst oder seine Welpen Hunger haben. So ist nun mal die Natur.
Ist Tierpflege auch Denkmalpflege?
Auf jeden Fall! Unsere Voliere ist über 200 Jahre alt, sie ist der letzte übriggebliebene Bau der berühmten Menagerie, in der Friedrich Wilhelm III. Lamas, Affen, Löwen und Kängurus präsentiert hat. Nachdem der König 1840 gestorben war, gingen die Tiere an den neu gegründeten Zoologischen Garten. Indem wir hier die Vielfalt der Tiere auf der Insel erhalten, halten wir diese Geschichte lebendig und vermitteln unseren Besucher:innen das Gefühl einer vergangenen Zeit. Es macht mich stolz, wenn die Leute sich heute über die Begegnungen mit den Pfauen freuen, wenn sie staunen, wie viele von ihnen hier leben und wie gesund sie sind.
Sie arbeiten auch noch mit traditionellen Verfahren.
Das ist hier kein kommerzieller Großbetrieb mit sterilen Anlagen. Wir müssen unseren Vögeln zum Beispiel fast gar keine Antibiotika geben, sondern behandeln sie erfolgreich mit alternativen Mitteln. Sandbäder schützen vor Milben und Federlingen, Brennnesseln und Kräuter stärken die Immunabwehr.
Auch ansonsten arbeiten wir am liebsten mit dem, was die Natur uns schenkt. Wir haben ganzjährig acht Schafe auf der Insel, die unsere Wiesen mähen, sie gleichzeitig düngen und die Böden mit ihren Klauen verdichten. Wir produzieren hier auch unser eigenes Heu für unsere drei Pferde, deren Mist wir dann wieder auf unsere Ackerflächen ausbringen. In diesem Sommer wächst dort Roggen zwischen Acker- und Wiesenblumen, in denen jede Menge Bienen herumschwirren. Und die vier Wasserbüffel, die im Sommer hier sind, haben sich als Alternative zur maschinellen Mahd bewährt. Sie schützen auch ein ganzes Biotop, indem sie die artenreichen Feuchtwiesen von Gehölzaufwuchs freihalten und damit seltene Pflanzenarten fördern.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Pfaueninsel?
Ich wünsche mir, dass die Pfaueninsel noch mehrere Hundert Jahre so bleiben kann, wie sie heute ist. Kein Vergnügungspark, kein Volkspark, sondern ein Naturschutzgebiet, in dem die Besucher:innen die Landschaft intensiv wahrnehmen können – und zwar zu jeder Jahreszeit ganz neu, anders und doch vertraut.
Der ausgebildete Landwirtschaftsmeister Mirko Wunderlich arbeitet seit 14 Jahren auf der Pfaueninsel. Zusammen mit zwei Kollegen ist er für die Versorgung der Tiere verantwortlich.
Möchten Sie eine Patenschaft für einen der Pfauen übernehmen? Mit einer Spende von 200 Euro für die Saison 2025 sind Sie dabei.
Informationen unter spsg.de/pfauenpatenschaft
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