Kaum wiederzuerkennen und doch eindeutig Friedrich der Große. Preußens berühmtester König und Feldherr erhält von Volker Hermes nicht nur eine für den Künstler typische Verdeckung des Gesichts, sondern auch Leder-Harness und Papierhütchen. Was provokant anmuten mag, interpretiert als künstlerische Intervention die Funktionsweise eines Herrscherportraits und versammelt unterschiedliche Aspekte, die in der historischen Einordnung dieses Königs eine Rolle spielen.
Portraits waren immer schon ein wichtiges Element der Öffentlichkeitsarbeit. Friedrich der Große hat sich ausschließlich mit bewusst gewählten Attributen malen lassen, die bis heute sein visuelles Bild bestimmen: Uniform, Adlerorden oder Dreispitz (obwohl er im alltäglichen Leben durchaus nicht immer Uniform getragen hat). Er hat also selbst die Grundlage für ein überaus erfolgreiches „Branding“ gelegt, was sich tief in das visuelle Gedächtnis gebrannt hat und bis heute gerne zu Marketingzwecken genutzt wird.
In einer ironischen Überspitzung greift Volker Hermes genau diesen Moment der Marke auf, in dem er den preußischen Adlerorden, eigentlich Ausdruck einer herausgehobenen Stellung, nun als Geschenkpapier vervielfältigt und daraus ein Papierhütchen als Dreispitz formt. Die Fetischmaske, die die ebenso charakteristische Nase freilässt, verweist einerseits auf die Verwendung von Schlüsselreizen auf Portraits und andererseits klingt dort schon eine Diskussion an, die als Hintergrundrauschen die Wahrnehmung von Friedrich dem Großen begleitet: seine vermutete, aber unbewiesene Homosexualität. Ähnlich doppeldeutig ist der neu entstandene Harness zu lesen. Was heute als weithin bekanntes Element einer queeren Ästhetik zu lesen ist, hat seinen eigentlichen Ursprung im Militär. Volker Hermes betont also die Ambivalenz zwischen dem an Philosophie und Kunst begeisterten Schöngeist und dem Herrscher mit kriegerischen Machtambitionen. Ambitionen, die die ausladende Geste mit dem Feldherrenstab auf genau diesem Gemälde illustriert. Auch nach Hermes' Modifikation bleibt Friedrich König und Feldherr, doch werden die Attribute seiner Macht durch seine Überzeichnung in den Kontext einer komplexen Persönlichkeit eingeordnet. Es zeigt sich, dass Kunst eben nicht nur schön ist, sondern auch als Mittel der Selbstdarstellung und Markenbildung gedient hat.
Volker Hermes