Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) hat im Potsdamer Park Sanssouci vier Skulpturen wiederaufgestellt. Zwischen der Hauptallee und dem Sizilianischen Garten befindet sich ein Rondell, das noch auf die Parkgestaltung der Zeit König Friedrichs des Großen (1712-1786) zurückgeht. Der Monarch erwarb die vier Statuen in Italien, geschaffen von jungen, namentlich nicht bekannten Bildhauern, die in den Marmorbrüchen von Carrara arbeiteten. Bei den Figuren handelt es sich um mehr oder weniger getreue Antikenkopien, wie sie häufig in barocken Gärten anzutreffen sind:
Adonis mit Hund und Jagdfalken
Die Darstellung zeigt den schönen Jüngling während der Jagd mit seinem Hund und einem Falken, zu seinen Füßen liegt der Bogen. Vielleicht ist es der Moment, in dem Aphrodite, Göttin der Schönheit und Liebe, ihn zufällig in einem hellen Waldstück trifft. Es scheint, als erblicke er sie gerade zum ersten Mal. Die Göttin verliebt sich sofort in ihn und ermahnt Adonis, sich vor den wilden Tieren im Wald, besonders vor den Löwen und Wildschweinen, zu hüten. Doch Adonis schlägt alle Warnungen in den Wind. Ein wilder Eber, den er erlegen will, verletzt ihn tödlich. Aus Trauer um den Geliebten verwandelt Aphrodite daraufhin das Blut des Jünglings in eine rot blühende Blume – das Adonisröschen (blutrot blühende Arten sind beispielsweise Adonis aestivalis, Adonis annua und Adonis flammea).
Flora mit Kranz
Auch Flora, die Göttin der Blumen, begegnet uns in der Natur. Ein Baumstumpf hinter ihrem rechten Bein deutet darauf hin. In der linken Hand hält sie einen Blütenkranz. Flora gehört zu den ländlichen Fruchtbarkeits- und Vegetationsgottheiten. Sie ist aber auch Göttin der Jugend und eine Göttin der Schwangerschaft. Sie steht für die Sinnesfreuden und den Genuss. Auch gilt sie als Schutzgöttin der Prostituierten. Zu ihren Pflanzen gehören die Wicken, Bohnen und Lupinen. Im Zyklus der Jahreszeiten steht sie für den Frühling.
Das Bildwerk folgt der antiken und häufig kopierten Darstellung der Flora aus der berühmten Sammlung Farnese, die römische Kopie einer Aphrodite-Statue aus dem 4. Jahrhundert (heute im Archäologischen Nationalmuseum Neapel). Der Fundort und die Fundzeit dieser antiken Statue sind unbekannt.
Flötespielender Faun
Dieses Bildwerk basiert auf einer berühmten antiken Statue, die häufig kopiert wurde: eine – wahrscheinlich nach einem hellenistischen Vorbild gefertigte – römische Arbeit aus dem 1. oder 2. Jahrhundert n. Chr. (heute im Pariser Louvre). Die Pose mit dem aufgestützten Arm folgt dem Statuentyp des Ausruhenden oder Angelehnten Satyr von Praxiteles (395-330 v. Chr.). Die Variante mit den überkreuzten Beinen findet sich beispielsweise mehrfach in den Kapitolinischen Museen in Rom.
Der Jüngling hält einen Plagiaulos, eine im antiken Mittelmeerraum bei Hirten weit verbreitete Querflöte. Die Skulptur gilt als Faun, also als Gott der Natur und des Waldes, Beschützer der Bauern und Hirten. Dieser wird jedoch meist als Mischwesen mit Bocksbeinen dargestellt. Der marmorne Knabe hier weist diese Besonderheit nicht auf. Vielmehr handelt es sich um einen Satyr aus dem Gefolge des Weingottes Dionysos. In der römischen Mythologie werden Satyrn mitunter als Faune bezeichnet.
Andromeda, an einen Felsen gekettet
Die Tochter des äthiopischen Königspaares Kepheus und Kassiopeia wurde an einen Felsen gekettet und einem Seeungeheuer zum Fraß überlassen, um für ihre Mutter zu büßen. Kassiopeia hatte behauptet, sie sei schöner als die Meeresnymphen, die Nereiden. Daraufhin sandte der erzürnte Meeresgott Poseidon eine Flut und das Seemonster Ketos. Der griechische Held Perseus entdeckte sie glücklicherweise, erschlug das Ungeheuer und gewann so ihre Hand.
Dargestellt ist der Moment, in dem Andromeda nach oben blickt und ihren Retter zum ersten Mal sieht. Ihr besonders am Oberkopf flatterndes Haar spielt vielleicht auf die Metamorphosen des antiken römischen Dichters Ovid (43 v. Chr.-17 n. Chr.) an: „Er [Perseus] hätte sie für eine Marmorstatue gehalten, wenn sich nicht ihr Haar sanft im Winde bewegt hätte und die warmen Tränen über ihre Wangen geronnen wären.“
Die „Froschfontäne“
Im 18. Jahrhundert standen die Figuren um ein Wasserbecken aus rotem schlesischen Marmor. Nachdem König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) das Marmorbecken hatte entfernen lassen, wurde es unter seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) wieder ausgegraben und in anderer Form als Wasserspiel wiederhergestellt. So entstand 1851/52 in der Mitte des Bassins ein großer, mit Masken und Girlanden geschmückter Unterbau für einen knienden Knaben nach einem Modell von Friedrich Wilhelm Dankberg (1819-1866), der eine Schale emporhielt. Am Beckenrand spien 20 regelmäßig angeordnete und grün lackierte Frösche aus Zinkblech Wasser. Sie verschwanden – wie auch der Knabe mit Unterbau – um 1930 wieder. Geblieben ist nur der Name „Froschfontäne“.
Die Restaurierung
Im August 2021 wurden die Skulpturen mit ihren Postamenten für notwendige Restaurierungsmaßnahmen abgebaut. Seit der letzten Restaurierung in den 1980er Jahren hatten sich Spuren der Verwitterung gezeigt. Es gab Verschmutzungen, Rissbildungen, Abplatzungen, Fehlstellen und Abbrüche von bildhauerischen Bestandteilen. Die fachlichen Arbeiten zum Substanzerhalt führte Dipl.-Restauratorin Anja Kiss aus. Zwischenzeitlich reisten zwei der Skulpturen zudem noch nach Seßlitz bei Bamberg für eine Acrylharzvollkonservierung durch die Firma IBACH-Steinkonservierung, da Ultraschallmessungen den Beginn von einem inneren Zerfall des Marmors nachgewiesen hatten.
Zum Schluss fehlten dem flötenspielenden Faun noch das Flötenendstück und der Andromeda 10 Finger sowie ihre Ketten, die sie am Felsen gefangen halten. Diese Ergänzungen erfolgten in den Werkstätten der SPSG. Während Judith Gansky aus der Skulpturenrestaurierung sich um die bildhauerische Komplettierung der Skulpturen in Marmor kümmerte, wurden in der Metallwerkstatt auf dem Schirrhof die Ketten hergestellt. Schlossermeister Martin Richert ließ dafür seinen Auszubildenden Konrad Deetz die historische Sandgusstechnik erlernen und die Ketten in Aluminium gießen. Christian Leubner aus der Malerwerkstatt auf dem Schirrhof versah die Ketten noch mit dem passenden Farbton.